Erlebnisbericht WWF-Fischerlager 2018
Am zweitletzten Sonntag im Juli konnte es endlich losgehen. Ordentlich Material wird auf dem Gelände des SSFVB zusammengetragen, Zelte aufgebaut, Hände geschüttelt, gebadet, gelacht und letzte Absprachen getroffen. Morgen werden die Kids aufkreuzen und dann gilt es «ernst».
Halbausgeschlafen nehmen wir eine interkantonale Horde Fischereibegeisterter entgegen. Eine Umarmung für die Eltern, eine kurze Vorstellungsrunde und schon sitzen wir im Zug, Ziel Sutz. Dann eine Willkommensrede seitens unseres Präsidenten, Zelte beziehen, Essen (grossartiger Service, merci!), Übergabe der Fischerausrüstung, Montage derselben, kurzer Input bezüglich Handling von Material sowie gefangenen Fischen... und ab geht’s. Die Kids sind nicht zu bremsen. Der Slogan der Woche steht vor dem ersten Wurf: WWF = Wir Wollen Fischen. In Kleingruppen wird das Ufer fischereilich in Beschlag genommen. Thema heute: Freiangelrecht/Uferangeln mit Naturködern. Kleine Egli, Rotfedern/-Augen und Alet sind die Ausbeute des Tages. Mit Stolz tragen einzelne Jungs ihre Weissfische zu den Küchenchefs. Verwertung des Fangs ist Teil des Programms. Etwas Artenkunde, Ausnehmen, Schuppen und Filetieren sind die Inhalte. Hervé bereitet die Weissfischfilets zu, die Jungs schlemmen die Filets weg und sprechen vom besten Fisch, den sie je gegessen haben. Kann Hervé zaubern? Nach dem Essen gibt es eine Gute- Nacht- Geschichte über den Lachs, anschliessend späte Nachtruhe für die Kinder und noch spätere für die Leitung.
Dienstags stehen die Kids um 6Uhr auf der Mole. Noch vor dem Kaffee muss ich Knoten lösen... Im Anschluss werden wir mit Pancakes kulinarisch verwöhnt und es wird vom Boot gefischt. Rodolfo bietet zudem geführtes Schnorcheln im Ufersaum an. Für die Lagerteilnehmer reiht sich somit ein Höhepunkt an den nächsten. Schleppgott Hervé bringt die jungen Matrosen sicher zum Hecht. Ein Grossteil der Kinder fangen heute ihre ersten Fische auf Kunstköder. Weiter steigen alle Beteiligten mit strahlenden Augen aus dem Wasser, nachdem Rodolfo ihnen «seine» Schilfinsel präsentiert hat. Auch mir prägen sich die Eindrücke von unter Wasser tief in die Hirnrinde. Eine solche Perle, seit Jahren vor der Nase und dennoch unentdeckt! Abends leuchteten nicht nur die Augen der Kinder, sondern auch die Köpfe unserer Bootsführer, diese aber in Rot. Die Sonne brannte unerbittlich und der Einsatz der SSFVB-Crew war unbezahlbar, das Essen schlicht grossartig. Abends dann gibt es Kinoabend mit «Aus der Mitte entspringt ein Fluss» und parallel dazu medizinische Betreuung, bis zur Übernahme des Kindes durch den angereisten Vater kurz nach Mitternacht.
Mittwochs geht der Wecker gefühlt zu früh los und es macht sich ein Schlafmanko bemerkbar.... Wir verputzen unser Frühstück, packen die Wegzehrung sowie Fischereiutensilien und es geht los. Ziel: Hagneckkanal inkl. Begehung der Renaturierung im «Epsenmoos». Die Marschdistanz wäre eigentlich kein Problem, einzig der Schatten fehlt... Vor Ort betrachten wir die Strömungsvielfalt des Seitenarmes und bestaunen die Jungfischschwärme (Barben, Alet und Äschen). Unter fachkundiger Anleitung von Maja K. kehren wir die Steine im Wasser und es werden die Makrozoobenthos bestimmt. Bachflohkrebs, Köcher- und Steinfliegenlarven landen unter den Lupen. Aber auch Frösche, Heuschrecken und Schnaken sind vor den Jungforschern nicht sicher. Von der Sonne bereits ordentlich angeglüht erreichen wir mittags unseren Rastplatz. Dort bietet Ben mit Mineralwasser- und Glacé erste Hilfe. Fischereilich ist dieser Tag dem Fluss gewidmet. Gefangen wird soweit nichts. Dafür wird marschiert und das bei harten, heissen Bedingungen. Die Kids beissen sich durch und ich bin etwas stolz auf ihre Performanz. Zurück in Sutz werden die Karpfenartigen im Hafen geärgert. Schon spannend, was da alles rauskommt, wenn man die Kids machen lässt. An dieser Stelle einen speziellen Dank an Charlie für seine ausdauernde Betreuung auf der Hafenmole. Abends dann ordentlich Kohlehydrate in Form von Spaghetti Napoli und die zweite Hälfte von «Aus der Mitte entspringt ein Fluss». Danach war schnell still...
Der Donnerstag war Wunschprogramm, Schüss oder Boot waren die Wahlmöglichkeiten. Unsere Vereinsmitglieder lieferten abermals vollen Einsatz. Eine Hand voll Jungs mimten Binnenkapitän für die Böötlitruppe. Andi Bütikofer verkleidete sich als Fischereiaufseher und begleitete die Bachgruppe nach Comoret. Im Background lief die Küche heiss. An der Schüss wurden keine nennenswerten Fänge gemacht. Dafür lernten die Kids mit Nymphe am Zapfen zu angeln und die Tücken der Botanik kennen. Zudem wurden Steine gekehrt, Spots taxiert und Barfuss gewatet. Ein Tag im kühlen Bach war definitiv eine gelungene Abkühlung bei dieser Gluthitze. Abends dann SaNa-Prüfungsvorbereitung und Fisch aus der Friteuse. Danke René, Fritz und Charlie.
Am letzten Morgen hatten die Jung- und Neufischer die Möglichkeit, die SaNa-Prüfung abzulegen. Essen, Prüfung, Packen und ab nach Nidau. Urbanes Fischen in Zihlkanal und Hafenbecken. Diesen letzten Programmpunkt hätte man sich schenken können. Zu ereignisreich die Woche, zu müde alle Beteiligten, zu heiss das Wetter. Das tut aber der Stimmung keinen Abbruch. Wer fischen will fischt und die andere halbe Truppe liegt unter einem Baum bei der Lago-Lodge und löffelt Eiscrème. Am späteren Nachmittag findet das Lager sein Ende und die Eltern können ihre von der Fischerei infizierten Kinder in die Arme schliessen. Eine Legende besagt, dass gewisse Familien die Region Biel nicht ohne Zwischenstopp verlassen konnten und Fishing-Zone in Folge kurzfristig einen Umsatzpeak zu verzeichnen hatte.
Noch am selben Abend wurde von der gesamten Crew abgebaut, die (meisten) Nahrungsmittel verteilt und die Rückreise angetreten. Zuhause fiel ich dann müde aber mit einem Lächeln, so breit wie die Matratze, ins Bett und setzte zum Nachschlafen an.
Nachtrag: Auch mit etwas zeitlicher Distanz bricht die Begeisterung über das Erlebte in dieser Woche nicht ab. Die Rückmeldungen seitens WWF, Teilnehmer, SSFVB, Netzwerk Anglerausbildung usw. sind weitgehend positiv bis maximal konstruktiv-kritisch. Die Schwachstellen in Organisation und Programm wurden reflektiert und festgehalten. Das Interesse für eine Wiederholung ist vorhanden. Schön wäre, wenn die Idee des WWF-Fischerlagers von anderen Vereinen aufgegriffen werden würde und wir vom SSFVB in zwei-drei Jahren wieder eine solche Kisten stemmen könnten. Der Einsatz unseres Vereins war ausserordentlich und ein solcher Effort kann nicht jährlich vorausgesetzt werden. Heute und morgen wollen wir uns erst mal erholen und in Erinnerung vom Erlebten zehren. Ich schliesse mit einem herzlichen Dank an alle Supporter vom Leitungsteam, SSFVB, WWF, Netzwerk, Fishing-Zone, Wenger-Fischen, BKFV, den Göttern des Wetters, des Wassers usw. Falls ich in diesem Text jemanden unerwähnt liess oder vergessen haben sollte: Nimm es nicht persönlich, dein Einsatz war grosse Klasse!
Rolf, September 2018